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Geld - ein Naturphänomen
Veröffentlichung im P.T. Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft - Januar 2015
Der Begriff des Geldes hat seit der Finanzkrise verschiedene Diffamierungskampagnen hinter sich. Ähnlich wie der gesamte Kapitalismus, leidet auch schon die Begrifflichkeit „Geld“ unter den Auswirkungen der momentanen Debatte, dabei werden viele positive Aspekte übersehen und negative Aspekte dem Geld zugeschrieben. Ein paar Beispiele gefällig?
Die Reichen kontrollieren die Schwachen; Mit Geld kann man sich Gerechtigkeit kaufen; Wird man reich geboren, kann man sich alles leisten, sogar Liebe; Es ist besser sein Geld in abstrakte Finanzprodukte zu investieren, da wird es schneller gesteigert als wenn man es in menschliche Arbeit investiert, deshalb würde Geld auch nur neues Geld nach sich ziehen, was die Reichen nur immer reicher macht usw.
Doch ist das was da verhöhnt wirklich Geld oder sind es die schlechten menschlichen Eigenschaften, die dem Geld angedichtet werden? Sind das die Regeln eines echten wirtschaftenden und einen Mehrwert erschaffenden Kapitalismus oder handelt es sich dabei um einen wild gewordenen Pseudokapitalismus? Niemand bestreitet die ungleichen Startbedingungen, die gegen jede Form der Gleichheit im Wege stehen. Die Erschaffung des Geldes als Buchgeld aus dem Nichts kann auch nicht das Ziel eines guten Kapitalismus sein. Ferner werden böse Menschen immer einen Weg finden durch schlechte Taten Besitz unter ihre Kontrolle zu bringen, da spielt das Geld keine Ausnahme, denn es kann genau auf die gleiche Weise gestohlen oder missbraucht werden, wie der Besitz selbst. Geld ist ein Ausdruck dafür, dass Menschen zusammenkommen und wirtschaften wollen, es ist ein Zeichen dafür, dass es einen Markt gibt auf dem fair gehandelt und teilgenommen werden kann.
Das Paradox aus Tauschwert und Gebrauchswert ist nicht schon bei Marx ein Thema, schon Pierre-Joseph Proudhon bezeichnet jede Form von Eigentum als Diebstahl, ob er es nun in dieser Formulierung gesagt hat oder nicht. Auf der einen Seite steht der Gebrauchswert, der für den Menschen bzw. das Individuum wichtig ist. Auf der anderen Seite steht der Tauschwert, der auf dem Markt für die Händler und die Gesellschaft von Nutzen sein kann. In diesem Paradox würde ein Arbeiter nicht nur von seiner eigenen Schaffenskraft entfremdet werden, sondern der Geldfetisch, der zwischen den Waren als: Ware – Geld – Ware, steht würde dafür sorgen, dass Privateigentum und Geld die Arbeiterklasse unter den Zwang von Kapitalisten bringen würden. Diese würden die einzelnen Arbeiter als Konkurrenz gegeneinander ausspielen und durch den Besitz des schlechten Geldes im Vorteil sein. Arbeiter würden nur noch für die Gesellschaft produzieren und können nicht mehr Herr ihrer eigenen Arbeit sein. Geld wird zu einem negativen Symbol für die sogenannte Arbeiterklasse, die besser am Umsturz der Kapitalisten arbeiten sollte.
Geld sollte nicht an dieser Stelle stehen, es kann viel mehr Positives für die Menschen leisten: Nicht erst Alfred Sohn-Rethel und Richard Seaford haben in ihren wissenschaftlichen Arbeiten gezeigt, dass Geld dafür gesorgt hat gedankliche Abstraktionen voranzutreiben. Bereits im 7. Jahrhundert vor Christus kann man zeigen, dass Geld es schafft die Naturphilosophie weiterzuentwickeln. Auf diese Weise schaffen die ersten Münzen etwas Großartiges: Abstraktes denken, ungeachtet des jeweiligen stofflichen oder materiellen Besitzes wird gefördert. Es bildet sich ein sogenannter Geist-Geld Zusammenhang aus, der durch die Geschichte nachgewiesen werden kann. Ähnliches hat die Herausbildung von Ästhetik bzw. die Kunst geleistet oder die Mode sowie die Werbung. Aber was kann Geld noch?
Geld ist ein Tauschmittel, so lernt man spätestens bei einem Besuch in einem Geldmuseum die verschiedensten Formen dieses Tausches kennen: Da wurden Goldstücke und Muscheln, gegen Werkzeuge und andere Produkte getauscht, die wiederum ein Maß für weitere Tauschaktionen waren. Doch denken wir einmal an die Mechanismen der Natur: Einzelne Bakterien tauschen zu ihrem Nutzen, verschiedene Stoffe aus. Es gibt Hinweise darauf, dass Ameisen und Bienen nur deshalb Staatenbildung betreiben, da sie auf die jeweiligen Stoffe ihrer Austauschpartner angewiesen sind. Und was ist das anderes als Geld? Stellen wir uns nur einmal kurz vor unserem geistigen Auge, als eine Arte Gedankenexperiment vor, dass wir nicht Münzen, Scheine, Buchgeld etc. austauschen würden, sondern lebensnotwendige Bestandteile unseres Lebensprozesses. Das mag zwar zunächst merkwürdig erscheinen, bringt uns aber viel näher an einen positiven Geldaspekt heran, einen der dem Menschen und ihrer Arbeit näher kommt, als ein Geldaspekt, welcher jede Zahlungsform als unfair und bankennah erweist. Bereits die Technikphilosophie enthält viele Aspekte der sogenannten „Organprojektion“. Dabei wird der Schraubenzieher zum verlängerten Finger, die Transportwege und –straßen zu Lebensadern usw. Die Dinge um uns herum können nicht als Bedrohung, sondern als lebenswichtige Organe angesehen werden. Geld wäre in diesem Gedanken folglich nichts anders als ein weiterer Bestandteil unserer Fähigkeiten, die auf unsere Umwelt projiziert werden können.
Bereits führende sogenannte Neodarwinisten nennen Geld einen „Good Trick“, also etwas, dass nicht nur wir Menschen für uns gewinnen konnten, sondern etwas, was an vielen Stellen der gesamten Evolution vorgekommen ist und sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt hat. Verknüpft man diesen Gedanken mit der Fähigkeit des Geldes unser Abstraktionsvermögen zu steigern, dann kann Geld sogar im menschlichen Evolutionsprozess eine Rolle spielen, nämlich Gesellschaften zu regulieren oder die eigene geistige wie materielle Weiterentwicklung voranzutreiben.
Dabei sollen die unfairen Aspekte des Geldes nicht heruntergespielt werden. Solche, die langfristiger mit Geld handeln können, haben auch Einfluss auf die, die praktisch von der „Hand in den Mund leben“. Geld dringt in Bereiche vor, die vorher noch nicht von Geld erschlossen waren und es ist fraglich, ob wirklich alles quantifizierbar werden soll. Dennoch: Geld ist kein schlechtes Übel, welches über die Menschheit kommt und das bekämpft werden muss, es ist eine Erscheinung, welche sich logisch in die bereits bestehende Wirklichkeit einfügt. Denn auch das ist Geld: Ein Naturphänomen.